Hier interviewt Lea Zey alle zwei Monate ein von Netzwerk Selbsthilfe gefördertes Projekt. Dieses Mal waren Pix und Paprika vom Autonomen Schüler*innensyndikat im Netzwerkbüro im Berliner Mehringhof.
Lea: Hallo ihr zwei, stellt euer Projekt doch kurz vor.
Pix: Bei uns sind die allermeisten Schüler*innen, und man kann auch nur zum ASS kommen, wenn man selbst noch Schüler*in ist. Zwei Jahre nach »Schule aufhören« können Menschen noch im ASS bleiben, um zum Beispiel ihr Wissen an Jüngere weiterzugeben. Wir sind vor allem in Berlin aktiv, haben aber auch einen Ableger in Siegen in NRW.
Lea: An wen richtet ihr euch und wie organisiert ihr euch?
Pix: Wir haben den Anspruch, uns gewerkschaftlich zu organisieren. Es geht darum, Schüler*innen aufgrund ihrer schulischen Probleme für eine Politisierung zu gewinnen, und nicht, diejenigen zusammenzubringen, die sich schon als Antifaschist*innen bezeichnen . Ich war als erste Person in meiner Schule im ASS und mittlerweile sind wir schon vier Leute von meiner Schule.
Paprika: Wir veranstalten einmal im Monat einen Jugendtreff, wo wir KüfA anbieten, zusammen spielen, einen Film gucken etc. Der Treff ist offen für alle. Innerhalb der Gewerkschaft sind wir in AGs aufgeteilt.
Lea: Was ist eure politische Agenda? Woher kam die Motivation, sich überhaupt zu gründen?
Paprika: Ich glaube, die Motivation den ASS zu gründen, lag darin, dass Schüler*innen nicht so wirklich ein Mittel oder eine Anlaufstelle haben, wenn ihnen Unrecht angetan wird. Vor allem, wenn sie sich nicht an Lehrer*innen wenden möchten.
Pix: Die Schule ohne Rassismus AG wird zum Beispiel meist von Lehrer*innen geleitet, die selbst keine Rassismuserfahrungen machen. Weil das nicht genug ist und so in den Machtstrukturen der Schule verankert ist, war es wichtig, etwas Autonomes und Unabhängiges zu schaffen. Wir sind teils gesetzlich verpflichtet, zur Schule zu gehen, und möchten trotzdem Druck ausüben.
Lea: Was sind denn eure Strategien, um dieses Unrecht zu bekämpfen?
Paprika: Also einerseits können uns Schüler*innen immer anschreiben, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen und dann können wir unabhängig die Schule kontaktieren. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel eine Schule bestreikt, weil in der Schule die AfD auf dem Podium war.
Pix: Wir wollen Schüler*innen darauf aufmerksam machen, dass das, was ihnen gerade widerfährt, strukturell bedingt ist. Sie stehen wahrscheinlich in der Hierarchie der Schule ganz unten. Es soll ein Numerus Clausus von 2,3 fürs Gymnasium eingeführt werden. Das sind diskriminierende Entwicklungen in eine klassistische Richtung.
Lea: Und was steht demnächst bei euch an?
Paprika: Wir organisieren jetzt einen Kongress mit ganz vielen Jugendgruppen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Schweden und überlegen, ob wir eine anarchosyndikalistische Jugendföderation aufbauen. Wir wollen uns länderübergreifend vernetzen und auch längerfristig zusammenarbeiten.
Pix: Die meisten Schüler*innen denken, dass sie vielleicht mal erfolgreich werden. Im Endeffekt werden mindestens 90 Prozent in einem Vollzeitjob landen, in dem sie 40 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Das heißt, sie sind Arbeiter*innen und müssen gucken, ob und wie sie sich organisieren. Es macht Sinn, das schon früh zu lernen. Wir wollen auch Vorträge im Unterricht halten – als Teil der politischen Bildung. Schule soll nicht neutral sein! Schule muss eigentlich antifaschistisch sein, das steht so im Schulgesetz. Wir sehen den Rechtsruck der Gesellschaft ja auch in den Schulen und wir wollen da aktiv entgegenwirken. Zum Beispiel mit unserer Kampagne »Rechte Hetze raus aus den Schulen«. Das ist unser Jahresziel: ein Bewusstsein schaffen, dass es eine reale Gefahr von rechts gibt.
Lea: Ihr macht selbst die Schule! Ihr habt meine große Wertschätzung für das, was ihr macht. Danke euch!